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Hitzig und kontrovers war der zweite „Runde Tisch“ zur Breitband-Zukunft Kärntens mit Impulsen aus Niederösterreich und prominenten Gästen aus Wirtschaft sowie Politik.

Videokonferenzen mit Bild. Homeschooling ohne Unterbrechung. Datenübertragungen während der Bürozeit anstatt über die ganze Nacht. Internet mit 100 Mbit zu einem leistbaren Preis. Ein Anschluss zur Glasfaser. Davon können viele Kärntner Unternehmen bisher nur träumen. Der Breitbandausbau im Land kommt seit Jahren nicht in die Gänge. Und das frustriert nicht nur Wirtschaftstreibende, sondern auch deren Interessensvertreter und die Politik. Dabei zeigte gerade der Corona-bedingte Lockdown, dass es in der Arbeitswelt ohne leistungsfähiges Internet einfach nicht mehr geht. Das bestätigt auch eine Umfrage der Wirtschaftskammer Kärnten: von rund 1.000 befragten Unternehmen war mehr als die Hälfte mit ihrer Internetverbindung unzufrieden.

Besonders dramatisch ist die Situation in den Bezirken. Hier ist die Verbindungsqualität deutlich niedriger als in Klagenfurt oder Villach. Deshalb luden Marc Gfrerer, Präsident des Software Internet Clusters und Landesvorsitzender der Jungen Wirtschaft, Bernhard Frumlacher, Vorsitzender der WK-Fachvertretung Telekom- und Rundfunkunternehmen sowie Martin Zandonella, Obmann der WK-Sparte Information und Consulting sowie der WK-Fachgruppe UBIT zum zweiten Mal alle wichtigen Internet-Akteure in Kärnten zu einem runden Tisch, um über die Breitband-Zukunft des Landes zu sprechen.

Vorwärtskommen geht nur gemeinsam

In Sachen Glasfaser-Infrastruktur ist Kärnten und auch Österreich bei „fiber to the home/building“  extrem weit hinten im europäischen Vergleich. Während die Spitzenreiter bei einer Durchdringungsrate von gut einem Drittel stehen, liegt Österreich bei 1,9 Prozent. Vor 15 Jahren waren es 1,2 Prozent. Slowenien ist wesentlich besser aufgestellt. Das muss sich ändern, wenn Kärnten als Wirtschaftsstandort weiter überlebensfähig bleiben will.

„Mit der aktuellen Situation ist keiner zufrieden, aber die Hoffnung lebt für die nächsten Jahre. Um aufzuholen, dürfen wir den Fokus nicht auf Dinge legen, die uns ausbremsen, sondern auf jene, die uns weiter bringen“, appelliert Martin Zandonella.

Der Schulterschluss von Wirtschaftskammer und Software Internet Cluster wird nicht locker lassen. „Wenn wir nicht gemeinsam Lösungen finden, werden wir bald große Probleme haben“, warnt Marc Gfrerer. Auch Bernhard Frumlacher will alles daran setzen, um etwas zu bringen.

Neue Möglichkeiten zeigte Hartwig Tauber, Geschäftsführer der NÖ Glasfaserinstruktur GmbH, auf. Mithilfe eines privaten Finanzierungspartners können in Niederösterreich in den nächsten Jahren weitere 100.000 Haushalte an eine Glasfaserleitung angeschlossen werden. Homeoffice oder Streaming sind in den Pilotregionen dank 100-Mbit-Verbindungen für Download und Upload überhaupt kein Problem und aufgrund des Wettbewerbes am Markt zu einem attraktiven Preis zu haben.

Status Quo im Land

Kärnten ist noch nicht soweit. Peter Schark, Geschäftsführer der BIK Breitbandinitiative Kärnten, gab Einblick in die Detailplanungen für den flächendeckenden Ausbau, die in diesem Jahr noch fertig werden sollten. So werden Gemeinden zu Großregionen zusammengefasst wie zum Beispiel das Görtschitztal. Die BIK will in der Region rund 180 Kilometer Glasfaser legen, das restliche Netz soll ein Partner, also ein privater Investor, übernehmen. Es werden zwei Netze gebaut, aber mit einem Betreiber. Dadurch soll eine gewisse Hebelwirkung erzielt werden.

Mit dem eigens angeschafften UNItrencher, einem Hybridfahrzeug aus Unimog, Grabenfräse, Kabelrolle und Verdichter, kann Glasfaserkabel effizient und nachhaltig verlegt werden. Ergänzend dazu laufen 37 Mitverlegungsprojekte in den Gemeinden. Um den Ausbau rasch voranzutreiben, brauche es aber auch in Kärnten private Beteiligungen – in welcher Form ließ Scharck offen.

Rückendeckung gibt es seitens der Politik. „Wenn wir öffentliches Geld investieren, dann in zukunftsfähige Technologie wie Glasfaser“, sagt LHStv. Stellvertreterin Gaby Schaunig. Ihr Wunsch ist, dass die Glasfaserinfrastruktur endlich als öffentliches Infrastrukturgut anerkannt wird und Förderungen umgestellt werden, damit die Bundesländer rasch in die Umsetzung kommen. „Für den Vollausbau in Kärnten braucht es 400 Millionen Euro. Das ist ein Volumen, das durchaus machbar und bewältigbar ist. Wir arbeiten an juristischen Lösungen und hoffen, dass die Förderkulisse auf 100 Mbit symmetrisch erhöht wird. Ohne Glasfaser hat ein Wirtschaftsstandort keine Zukunft“, sagt Schaunig.

Ein Thema, viele Meinungen

Bei der anschließenden Diskussion prallten unterschiedliche Meinungen und Sichtweisen aufeinander. Nicht nur unter den Netzbetreibern. Rund 60 Interessierte kamen trotz sommerliche Hitze in den Makerspace Carinthia, um sich auszutauschen. Der Bedarf an Glasfaserinfrastruktur ist seitens der Unternehmen gegeben. Und Erfahrungswerte aus Niederösterreich zeigen: Wer einmal Glasfaser hat, will nicht mehr ohne sie sein. Eine Technologie, die neue Möglichkeiten eröffnet und für den Wirtschaftsstandort Kärnten unabdingbar ist.

Klagenfurt, 28. Juli 2020

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