Was ist so das Besondere an der bereits vierten Ausgabe der Fuckup Night in Kärnten?
Marion Kanalz: Die letzte Ausgabe der Fuckup Night Kärnten fand im September 2020 statt – mitten in der Corona-Pandemie – was eine kurzfristige Umstellung auf ein Onlineformat erforderte. Daher bin ich umso erfreuter, dass wir nach der Pause nun wieder zurück sind im MAKERSPACE in Klagenfurt und uns alle persönlich treffen und austauschen können. Dieses Jahr haben wir es auch erstmals geschafft, eine Frau für die Bühne zu begeistern: Vera Lead, Head of DACH bei Nobi, wird über ein gescheitertes internationales Bankenprojekt und die wertvollen Learnings daraus sprechen, die ihr heute dabei helfen, richtig erfolgreich zu sein. Christian Redl, Weltrekordhalter im Apnoetauchen, berichtet von einem beinahe lebensgefährlichen Fehlschlag bei einem Weltrekordversuch und der Serial Entrepreneur Marcus Hassler spricht über die Herausforderungen seiner ersten Firmengründung, das Roller-Coaster Leben als Founder, und welches Fuckup zur Firmenschließung geführt hat.
Warum ist die Veranstaltung gerade für Start-ups so spannend?
Diejenigen, die wagen, Neues ausprobieren und ihre Komfortzone verlassen, werden früher oder später unweigerlich Fehler machen. Genau deshalb sind es oft die Visionäre, Entrepreneure und Start-up Gründer:innen mit ihren innovativen Ideen, die häufig Fehler begehen. Kurz gesagt: Wer viel riskiert, wird auch viele Fehler erleben. Nur wer nichts riskiert, kann auch keine Fehler machen. Als Start-up-Founder fühlt man sich anfangs oft alleine mit seinen Fehlern, Rückschlägen und den Dingen, die nicht wie geplant laufen. Gerade in der Anfangsphase ist der Austausch mit Gleichgesinnten und Visionär:innen daher besonders wichtig. Sehen, dass andere auch Fehler machen und hören, dass es danach besser weitergehen kann, wenn man daraus lernt. Die Fuckup Night zielt darauf ab, nicht nur „Fehlschläge“ ins Rampenlicht zu rücken und aufzudecken, sondern vor allem einen konstruktiven Dialog und Austausch unter allen Teilnehmer:innen auf Augenhöhe zu fördern. Egal ob Start-up-Gründer:innen, Geschäftsführer:innen oder Angestellte – die Fuckup Night ist eine einmalige Gelegenheit zum gemeinsamen Lernen – voneinander und miteinander.
Welche sogenannten #Fuckups also persönliche Geschichten vom Scheitern sind dir passiert?
Während der Vorbereitung für die Fuckup Night habe ich intensiv über dieses Thema nachgedacht. Anfangs fiel mir ehrlich gesagt keine Geschichte ein. Möglicherweise liegt das daran, dass wir daran gewöhnt sind, in der Öffentlichkeit nur unsere Erfolgsgeschichten zu teilen. Je mehr ich jedoch darüber nachdenke und je ehrlicher ich zu mir selbst bin, desto mehr Geschichten fallen mir ein. Vom verpassten Heimflug aus Japan über die Hotelbuchung an einem falschen Datum bis hin zum Senden von E-Mails an falsche Empfänger oder einem verpassten wichtigen Prüfungstermin – diese kleinen Missgeschicke, die vielen schon einmal passiert sind, fallen oft kaum richtig auf. Manchmal hat man auch einfach Glück, dass ein kleines Missgeschick nicht in einem richtigen Desaster endet.
Ein besonders lehrreiches Fuckup stammt aus der Anfangszeit der MOVEVO-App. Nach ersten positiven Gesprächen mit potenziellen Kund:innen haben wir die Entwicklung hauptsächlich auf unsere eigenen Annahmen gestützt und im Grunde im Dunkeln vor uns hin gearbeitet. Die App war endlich fertig und wir waren zufrieden. Erst bei einem ersten umfangreichen Nutzertest wurde klar, dass unsere Vorstellungen und die Bedürfnisse der User nicht ganz zusammenpassten und wir einige wichtige Dinge nicht beachtet hatten.
Was hast du daraus gelernt?
Wir sahen uns gezwungen, die App praktisch von Grund auf neu zu gestalten und waren froh, dass wir nicht noch länger mit dieser wichtigen Feedbackrunde gewartet haben. Aus den Nutzertests haben wir unschätzbar wertvolles Feedback gesammelt und gelernt, wie wichtig es ist, sich intensiver mit den Bedürfnissen unserer Kund:innen auseinanderzusetzen. Seitdem sind eine ausgeprägte Kundenorientierung und regelmäßige Feedbackschleifen fest in unserer Unternehmensphilosophie verankert. Unsere Kunden schätzen eine Kommunikation auf Augenhöhe und viele Ideen entwickeln sich aus Kunden- und Feedbackgesprächen.
Warum glaubst du, ist Scheitern noch immer so verpönt? Und wie könnte man Scheitern positiver begegnen?
Bereits in der Schule wird uns beigebracht, dass Fehler bestraft werden. Für bekannte Probleme gibt es bekannte Lösungen und oft Best Practice Beispiele. Für neuartige Probleme und unbekannte Situationen gibt es das allerdings nicht. In den Medien lesen wir meist nur von bahnbrechenden Erfolgen, Success Stories und Gewinner:innen. Dass auf dem Weg ganz nach oben auch viele Fehltritte und Missgeschicke passieren, und dass der Erfolg über Nacht eher die Ausnahme als die Regel ist, davon hört man recht wenig.
Ich finde es persönlich äußerst menschlich und sympathisch, wenn Menschen über ihre eigenen Fehler sprechen können. Es fördert Offenheit und Transparenz, schafft Vertrauen und ermöglicht den Austausch von Erfahrungen und Wissen. Insgesamt braucht es eine Verschiebung in der Denkweise, um Scheitern als eine wertvolle Quelle für persönliches und berufliches Wachstum zu sehen und dafür bieten die Fuckup Nights einen tollen Impuls.